Der Vorsteuerabzug im Rahmen von Voranmeldungen erfordert oft noch nicht die Vorlage von Rechnungen – spätestens zum Beginn einer Betriebsprüfung wird es dann ernst, wenn das Finanzamt (FA) die Vorlage von Buchführungsunterlagen anfordert.
So geschah es auch in einem zum Bundesfinanzhof (BFH) gelangten Praxisfall, in dem der Unternehmer dem Finanzamt (FA) – nach mehrfacher Aufforderung – mitgeteilt hatte, dass ihm die Vorlage der erbetenen Unterlagen inzwischen unmöglich geworden sei (Totalverlust von Buchführungsunterlagen). Der Transporter mit den gesamten Buchungsunterlagen und der EDV-Anlage, auf der die Buchführung gespeichert war, sei vom Betriebsgelände gestohlen worden. Das FA nahm dann eine Kürzung der vom Unternehmer in den Streitjahren (1998 bis 2001) geltend gemachten Vorsteuerbeträge nach dem Totalverlust der Buchführungsunterlagen um 40% vor. Fraglich war, welche Möglichkeiten bestehen, gegen eine solche Kürzung vorzugehen.
Grundsätzlich können Sie als Unternehmer das Recht auf Vorsteuerabzug erst dann ausüben, wenn Sie im Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung sind: Der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht, hat die Darlegungs- und Feststellungslast für alle Tatsachen, die den Vorsteuerabzug begründen. Weiterhin hat der Unternehmer darzulegen und nachzuweisen, dass er eine ordnungsgemäße Rechnung in Besitz hatte. § 15 Abs. 1 UStG erfordert dagegen nicht, dass das Abrechnungspapier auch noch in einem späteren Zeitpunkt vorhanden ist.
Der Rechnungs-Nachweis lässt sich aber grundsätzlich auch anders als durch Vorlage der Originalrechnung führen. Nach insoweit eindeutiger und maßgeblicher Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sind andere Beweise zugelassen, aus denen sich ergibt, dass der Umsatz, auf den sich der Antrag auf Vorsteuerabzug bezieht, tatsächlich stattgefunden hat. Entscheidend ist, dass die Finanzbehörde oder im Falle eines Rechtsstreits das FG die Überzeugung gewinnt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG einschließlich des (ursprünglichen) Rechnungsbesitzes vorliegen.
Mögliche Problemverschärfung
Wenn nun im Zeitpunkt der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs Originalrechnungen anderer Unternehmer mit gesondertem Steuerausweis zwar vorlagen, die aber danach verlorengegangen sind und nicht mehr rekonstruiert werden können, sind die abziehbaren Vorsteuerbeträge gem. § 162 AO zu schätzen. Im Streitfall konnte der Kläger nicht nachweisen, welche konkreten Leistungen er von anderen Unternehmen für sein Unternehmen tatsächlich bezogen hat.
Unsere Empfehlung
Im finanzgerichtlichen Verfahren lässt sich der Nachweis u.U. auch über Zeugenaussagen führen. Wenn dazu z.B. Ihre Buchhalterin in der Lage sein sollte, darf aber nicht nur in pauschaler und damit in unbestimmter Weise behauptet werden, die benannten Zeugen könnten aussagen, dass für alle Lieferungen und Leistungen des Anlage- und Umlaufvermögens entsprechende Rechnungen im Original vorgelegen hätten. Dann fehlt es an einer sog. hinreichenden Substantiierung eines solchen auf Zeugenaussagen gestützten Beweisantrags.
Soweit Sie Fragen haben, können Sie sich gerne an den zuständigen Ansprechpartner, Elisabeth Schick-Artmeier wenden.